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Physiotherapie: Ein Jahr nach historischem Tag spitzt sich Situation weiter zu

Am 17. November 2023 setzte die Physiotherapie mit 10'000 Unterstützenden auf dem Bundesplatz sowie 283'000 Petitionsunterschriften ein klares Zeichen gegen den Tarifeingriff durch den Bundesrat. Trotz der dringenden Notwendigkeit einer Anpassung aufgrund der gestiegenen Kosten, wurden die Tarife bisher nicht angepasst. Ein Jahr später spitzt sich die Situation weiter zu. Die einzige Lösung ist ein kostendeckender und transparenter Tarif. Diesen verhandelt der Schweizer Physiotherapie Verband Physioswiss zurzeit an vier unterschiedlichen Verhandlungstischen.

241114 Herobild Tarifeingriff

Die Physiotherapie in der Schweiz steht weiterhin vor einer existenziellen Herausforderung.
Trotz ihrer zentralen Rolle in der Gesundheitsversorgung ist die Branche massiv
unterfinanziert. Während die Kosten stetig steigen, verharren die Tarife seit fast 30 Jahren auf
praktisch unverändert tiefem Niveau. Mit einer durchschnittlichen Vergütung von 68.- Franken
pro Stunde sind Miete, Altersvorsorge und Löhne zu bezahlen. Dies ist für eine
Physiotherapiepraxis in der Schweiz nicht kostendeckend. Erschwerend kommt hinzu, dass
mittlerweile mehr als 15 Prozent der erbrachten Leistungen überhaupt nicht abgerechnet
werden können.

«Neben der prekären finanziellen Situation sieht sich die Branche zunehmend mit einem
akuten Fachkräftemangel konfrontiert. Diese Problematik verschärft sich weiter, da die Zahl
der ärztlichen Verordnungen für Physiotherapie in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen
ist» erklärt Osman Bešić, Geschäftsführer von Physioswiss und fügt hinzu: «Die fortdauernde
höhere Nachfrage nach Physiotherapie unterstreicht die essenzielle Bedeutung dieser
Leistung für die Gesundheitsversorgung.» Die demografische Entwicklung hat zu einem
Anstieg der komplexen physiotherapeutischen Behandlungen geführt. Zwar werden mehr
Patient:innen behandelt, was zu einer höheren Anzahl an physiotherapeutischen Leistungen
führt, jedoch bleibt die durchschnittliche Zahl der Sitzungen pro Patient:in und Jahr
unverändert. Diese Entwicklungen verdeutlichen die zunehmende Belastung der
Physiotherapiebranche, die dringend nach einer nachhaltigen Lösung ruft.

«Wäre der Tarifeingriff des Bundesrats vor einem Jahr durchgesetzt worden, hätte sich die
Situation noch weiter verschärft. Es war daher von entscheidender Bedeutung, dass wir ein
klares Zeichen dagegen gesetzt haben. Heute befinden wir uns nun in intensiven
Verhandlungen mit den Tarifpartnern», erklärt Mirjam Stauffer, Präsidentin von Physioswiss.
«Es gibt nur einen Weg, die Situation in der Physiotherapie nachhaltig zu verbessern und
damit die Versorgung für die Patient:innen sicherzustellen und zwar mit kostendeckenden
Tarifen», betont Mirjam Stauffer.

Physioswiss sitzt zurzeit an vier Verhandlungstischen

Zurzeit laufen bei Physioswiss vier verschiedene Tarifverhandlungen. Neben den
Tarifstrukturverhandlungen mit den Krankenversicherern, laufen die
Taxpunktwertverhandlungen mit den drei Einkaufsgemeinschaften der Krankenversicherer
(CSS, HSK, tarifsuisse). Für die jeweiligen Verhandlungen sind die vorgegebenen
Datengrundlagen elementar. Physioswiss verfügt über aktuelle, detaillierte und repräsentative
Daten. Diese werden regelmässig aktualisiert – so auch für die laufenden
Vertragsverhandlungen.

Für die Physiotherapie drängt die Zeit, denn die einzige Lösung, um aus der prekären
Situation herauszukommen, sind ein kostendeckender und transparenter Tarif. So setzt
Physioswiss alles daran, dass die Verhandlungen zügig und im Interesse des gesamten
Gesundheitssystems sowie der Patient:innen und Physiotherapeut:innen vorankommen.

November 2023 – ein historischer Tag für die Physiotherapie

Mitte August 2023 schickte der Bundesrat einen Vorschlag zur Anpassung der Tarifstruktur für physiotherapeutische Leistungen in die Vernehmlassung. Der geplante Eingriff stiess sowohl bei den Physiotherapeut:innen wie auch in der breiten Bevölkerung auf grosses
Unverständnis. So versammelten sich zum Ende der Vernehmlassungsfrist am 17. November
2023 rund 10’000 Unterstützende zu einer Kundgebung auf dem Bundesplatz. Der
Bundeskanzlei wurden gleichentags 283’000 Unterschriften einer Petition eingereicht. Diese
verlangte den Verzicht auf die Umsetzung des Vernehmlassungsvorschlags. Die von
Physioswiss initiierten Massnahmen gegen den Tarifeingriff wurden breit wahrgenommen.

Bundesrat sistierte Tarifeingriff

Im Frühjahr 2024 hat der Bundesrat entschieden, vom Eingriff in die Tarifstruktur für die
physiotherapeutischen Leistungen abzusehen und räumte den Tarifpartnern – Physioswiss,
H+ sowie den Krankenkassenverbänden santésuisse und curafutura – Zeit ein, neue Verträge
auszuhandeln.


Hintergrundinformationen

Tarifstrukturverhandlungen (KVG)

Gemeinsam mit H+ (Die Spitäler der Schweiz) und den Krankenversicherer-Verbänden
santésuisse und curafutura hat Physiowiss diesen Frühling intensive Verhandlungen für eine
neue Tarifstruktur aufgenommen. Diese soll Mitte 2025 beim Bundesrat zur Genehmigungeingereicht werden. Weil die Einführung der neuen Tarifstruktur kostenneutral erfolgen muss, kann über die neue Tarifstruktur keine Anpassung am Preis vorgenommen werden. Um den Preis zu erhöhen und eine adäquate Vergütung der Leistungen zu erreichen, werden parallel Taxpunktwertverhandlungen mit den Einkaufsgemeinschaften der Versicherer geführt.

Taxpunktwertverhandlungen (KVG)

Die Taxpunktwertverhandlungen für Leistungen, die zu Lasten der Krankenkassen im Rahmen
des Krankenversicherungsgesetzes (KVG) erbracht werden, wurden mit den drei
Einkaufsgemeinschaften tarifsuisse, HSK und CSS aufgenommen. Der Stand der Arbeiten
unterscheidet sich je nach Verhandlungspartner. Ziel bei allen drei Verhandlungen ist, dass
Ende 2024 ein neuer, höherer Taxpunktwert ausgehandelt ist.

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