Header

Hauptnavigation

Suche

Home G’day, mate!
Zurück zur Übersicht

G’day, mate!

Dr. Sabrina Grossenbacher-Eggmann reiste im Juni 2024 dank dem «postdoc.Mobility»-Grant des Schweizerischen Nationalfonds (SNF) nach Australien, um an ihrem Forschungsprojekt zu arbeiten. In diesem Beitrag erzählt sie von ihrem Leben und ihrer Forschungstätigkeit in Melbourne.

241025 Meer
Mein neues Zuhause ist 500 Meter vom Meer entfernt.

Text und Bild: Sabrina Grossenbacher-Eggmann

Seit mehreren Wochen lebe ich in Australien. Melbourne ist eine vibrierende, diverse Grossstadt, welche trotz ihren fünf Millionen Einwohner:innen ein europäisches Flair hat. Grüne Parks und Strände laden zum Verweilen ein, Graffiti-besprayte Alleen und Wolkenkratzer schmücken das Stadtzentrum, authentische asiatische Küche und frisch-gerösteter Barista-Kaffee gehören wie BBQ zur Kultur. Die Stadt machte es mir einfach, mich rasch wohlzufühlen. Mein neues Arbeitsteam trägt auch stark dazu bei. So wurde ich an meinem ersten Arbeitstag im «Australian & New Zealand Intensive Care Research Centre an der Monash University» herzlich begrüsst. Die Einführung beinhaltete viele obligatorische E-Learnings von Ethik über Kultur der Aborigines bis hin zu Gleichstellungsthemen. Ein Rundgang via Notausgang und das Kennenlernen der Defibrillator-Standorte war Pflicht. Als ich meinen eigenen Badge der Universität erhielt, wurde mir plötzlich bewusst, was mir lange Zeit in weiter Ferne schien: Ich lebe und arbeite in Melbourne! 

Die Wartezeit an der Ampel kann auch für Schnappschüsse genutzt werden – in Melbourne trifft Alt auf Neu.

Überraschungen und Klischees 

Insgesamt war ich dank intensiver Recherchen, kollegialem Austausch und einer früheren Australienreise gut auf mein Abenteuer vorbereitet. Trotzdem gab es so einige Überraschungen. Angefangen bei ganz einfachen Dingen wie dem Einkaufen, wobei ich bis heute auf der Suche nach einem italienischen Espressokocher bin. Schwierig waren zu Beginn auch die Namen – wovon sprechen die jetzt alle? Ist das ein Supermarket, ein Footballteam oder eine Ortschaft? Zudem hat mich überrascht, dass die meisten meiner Kolleg:innen im Büro ihr selbstgekochtes Mittagessen mitnehmen. Erstaunt war ich auch, als ich nach all den Hürden für ein australisches Visum bereits nach fünf Minuten durch den Zoll war. Ein paar australische Klischees treffen aber definitiv zu: Die Strassen sind klar auf Autos und nicht auf Fussgänger:innen ausgerichtet. Das Überqueren von mehrspurigen Kreuzungen gleicht einem Hindernislauf: Als Fussgängerin warte ich oft eine gefühlte Ewigkeit auf das grüne Zeichen. Ist diese erste Hürde geschafft, wartet bereits die nächste rote Ampel am Ende des Fussgängerstreifens auf mich. Melbourne hat als Kompensation jedoch ein ausgezeichnetes Tramsystem. Zudem sind die Gebäude viel besser gelüftet als in der Schweiz – spätestens seit COVID-19 wissen wir, wie wichtig dies ist.  

Arbeitsroutine 

Im Gegensatz zur Schweiz habe ich hier einen geregelten Arbeitsalltag, das heisst, ich arbeite von 9 Uhr morgens bis 5 Uhr abends und muss nicht mehr in meiner Freizeit, am Abend oder am Wochenende forschen. Das schätze ich sehr und meine Work-Life-Balance hat sich deutlich verbessert. Normalerweise stehe ich um 7.30 Uhr auf, mache Frühstück und fahre dann mit meinem neuen Velo durch den Albert Park zur Arbeit. Unterwegs halte ich oft an, um die schwarzen Schwäne oder den unterhaltsamen Kakadus zuzuschauen. Mit meinem Parkschein parkiere ich mein Velo im Untergeschoss und suche mir dann ein freies Plätzchen im Grossraumbüro.  

Bei der Velofahrt durch den Albert Park können nicht nur schwarze Schwäne, sondern auch eine atemberaubende Skyline beobachtet werden.

Leider kommt meine Forschung nur langsam voran. Die australischen Behörden scheinen gemächlicher als in der Schweiz zu funktionieren. Entsprechend warte ich immer noch auf die australische Ethikbewilligung, während in der Schweiz bereits die Hälfte der Studienteilnehmenden rekrutiert ist. Jedoch habe ich bereits viel über Forschungs- und Datentransferverträgen für multizentrische Studien gelernt. In der Zwischenzeit fokussiere ich mich darauf, frühere Projekte abzuschliessen, eine elektronische Datenbank zu erstellen und einen statistischen Auswertungsplan zu schreiben. Dabei unterstützt mich eine französische Statistikerin aus dem Team. Die kurzen Dienstwege erlauben eine tolle Unterstützung vor Ort. So treffe ich mich einmal wöchentlich mit meiner neuen Chefin, Professorin Carol Hodgson. Carol ist eine ausgezeichnete Physiotherapeutin und Forscherin und ich darf unglaublich viel von ihr lernen. Ich kann sie alles fragen, ob es um Karrieretipps, Arbeitsorganisation, Kongressteilnahme oder herausfordernde Forschungsthemen wie Peer Review, Autorenschaft, Kooperationen oder Interprofessionalität geht. Zudem lässt sie mich an ihrem Privatleben teilhaben und hat mich mit einem feinen Essen am Meer begrüsst. 

Physiotherapie im Spital 

Im Rahmen meines Forschungsprojekts und der geplanten Kooperation durfte ich die Physiotherapie eines grossen Universitätsspitals in Melbourne besuchen. Der Besuch war «heimelig» und vieles machen die Austalier:innen ähnlich wie  in der Schweiz. Beeindruckt hat mich die strukturierte Weiterbildung der frisch diplomierten Physiotherapeut:innen mit aufbauenden E-Learnings und klar definierten Kompetenzen. Anders als in der Schweiz rotieren die Physiotherapeut:innen nach der Ausbildung jeweils für vier Monate von Fachgebiet zu Fachgebiet, bevor sie eine spezalisierte Stelle antreten. Sie profitieren entsprechend von den erfahrenen Therapeut:innen, wobei beide wöchentlich Zeit erhalten, um ihr Fachwissen aufzubauen, respektive weiterzugeben. Leider steigt der Kosten- und Leistungsdruck in australischen Spitälern ebenfalls und es werden Sparmassnahmen ergriffen. Obwohl ich mich am anderen Ende der Welt befinde, scheinen die Herausforderungen des Gesundheitswesens dieselben zu sein.  


Sabrina Grossenbacher-Eggmann lebt seit Juni 2024 in Melbourne. Dank dem «postdoc.Mobility»-Grant des Schweizerischen Nationalfonds (SNF) kann sie in Australien an ihrem Forschungsprojekt zur Frührehabilitation auf der Intensivstation arbeiten. Sabrina Grossenbacher-Eggmann hat dafür ihre Arbeitstätigkeit am Inselspital Bern für ein Jahr unterbrochen.  

Ähnliche Newsbeiträge