Herz-Kreislauf-Erkrankungen: Häufig und folgenschwer
Herz-Kreislauf-Erkrankungen (HKE) zählen sowohl in der Schweiz als auch weltweit zu den häufigsten und folgenreichsten Gesundheitsproblemen. Zu den bedeutendsten Herz-Kreislauf-Erkrankungen gehören unter anderem die koronare Herzkrankheit, der Herzinfarkt, die Herzinsuffizienz sowie der Schlaganfall.
Im Jahr 2022 waren in der Schweiz rund 20’500 Todesfälle auf Herz-Kreislauf-Erkrankungen zurückzuführen – das entspricht etwa 28 % aller Todesfälle. Zudem wurden jährlich mehr als 110’000 Menschen aufgrund von Herz-Kreislauf-Erkrankungen im Spital behandelt (1, 2).
Was begünstigt Herz-Kreislauf-Erkrankungen – und was sind die Folgen?
Zu den häufigsten Risikofaktoren zählen Bewegungsmangel, unausgewogene Ernährung, Rauchen, Übergewicht, Bluthochdruck, Diabetes Typ 2 und psychosozialer Stress. Viele dieser Faktoren lassen sich durch gezielte Veränderungen im Lebensstil deutlich beeinflussen, wodurch sich das Risiko für die Entstehung von Herz-Kreislauf-Erkrankungen verringert werden kann.
Herz-Kreislauf-Erkrankungen führen häufig zu körperlicher Erschöpfung, eingeschränkter Leistungsfähigkeit und einer deutlich verminderten Lebensqualität. Ohne geeignete Behandlung steigt das Risiko für erneute Ereignisse, Krankenhausaufenthalte oder eine spätere Pflegebedürftigkeit deutlich.
Physiotherapie wirkt: Effektiv und nachhaltig
Physiotherapie ist ein zentraler Bestandteil in der Behandlung und Rehabilitation von Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Sie verbessert nicht nur die körperliche Belastbarkeit und das Wohlbefinden, sondern hat auch nachweislich positive Effekte auf die Gesundheit (3): Regelmässige Bewegung steigert die kardiovaskuläre Fitness, senkt den Blutdruck, reguliert den Blutzuckerspiegel und unterstützt beim Abbau von Übergewicht. Darüber hinaus stärkt sie das Selbstvertrauen im Umgang mit körperlicher Belastung und hilft, Ängste und Unsicherheiten zu überwinden, die nach einem kardiovaskulären Ereignis oft auftreten.
Zentrale physiotherapeutische Massnahmen sind:
- Ausdauertraining
Zur Steigerung der Herz-Kreislauf-Leistungsfähigkeit – etwa durch Gehen, Radfahren oder Training auf dem Ergometer. - Gezieltes Krafttraining
Zum Aufbau und zur Stabilisierung der Muskulatur sowie zur Steigerung der körperlichen Belastbarkeit. - Atemtherapie
Zur besseren Sauerstoffaufnahme und zur Förderung von Ruhe und Entspannung. - Schulung und Beratung
Rund um die körperliche Aktivität, Selbstmanagement im Alltag und den bewussten Umgang mit der Erkrankung. - Anleitung zum sicheren Umgang mit körperlicher Belastung
Inklusive Strategien bei Atemnot (Dyspnoe) oder Brustschmerzen (Angina pectoris).
Das Ziel der physiotherapeutischen Massnahmen ist es, die Lebensqualität der Betroffenen zu steigern, das Risiko für weitere kardiovaskuläre Ereignisse zu reduzieren und den Erhalt oder die Wiederherstellung der beruflichen sowie sozialen Teilhabe zu erhalten. Zudem tragen diese Massnahmen entscheidend dazu bei, Krankenhausaufenthalte zu vermeiden.
Wissenschaftlich belegt: Physiotherapie zahlt sich aus
Die positive Wirkung der Bewegungstherapie bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist wissenschaftlich gut belegt. Eine Studie der Berner Fachhochschule (BFH) zeigt eindeutig, dass Physiotherapie bei Herz-Kreislauf-Erkrankungen nicht nur wirksam ist, sondern auch Kosten spart. Physiotherapeutische Massnahmen sind wirksam und werden nachdrücklich empfohlen – insbesondere im Rahmen von strukturierten Rehabilitationsprogrammen, den sogenannten Herzgruppen.
Dazu zählen gezieltes Ausdauertraining mit individuell angepasster Belastung, Schulungen zur Förderung eines gesundheitsbewussten Lebensstils sowie Programme zur Krankheitsverarbeitung. Besonders bei Patient:innen mit koronarer Herzkrankheit (KHK) ist es entscheidend, dass Trainingsprogramme individuell angepasst und risikobasiert gestaltet werden (4). Deshalb ist ein umfassendes Wissen zur Pathologie wie auch zur Trainingslehre zentral wie es Physiotherapeut:innen mitbringen.
Auch internationale Fachgesellschaften, wie die American Heart Association (AHA), empfehlen strukturierte Bewegungsprogramme als festen Bestandteil der Nachsorge. Sie gelten als zentraler Baustein in der sogenannten sekundären Prävention, also zur Verhinderung weiterer Herz-Kreislauf-Ereignisse (5). Regelmässige körperliche Aktivität kann das Risiko für Herz-Kreislauf-Ereignisse deutlich senken, die Lebensqualität verbessern – und ist zudem kosteneffektiv (6).
Warum Physiotherapie mehr ist als nur Bewegung
Physiotherapeut:innen verbinden medizinisches Fachwissen mit praktischen Fähigkeiten und klinischer Erfahrung. Ihre Behandlungen basieren auf einer physiotherapeutischen Diagnose, aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen sowie dem individuellen Therapieziel.
Im Zentrum stehen eine gezielte, therapeutische Behandlung, Beratung und Instruktion – abgestimmt auf den Gesundheitszustand und die Ressourcen der Patient:innen. Ziel ist es, Beschwerden zu lindern, Funktionen zu verbessern und die Selbstständigkeit zu fördern.
Die Behandlung umfasst
- Aktive Massnahmen wie Bewegungstherapie, Training oder Atemtherapie
- Passive Techniken wie manuelle Therapie
Literaturhinweise
(1) Bundesamt für Statistik (BFS). Todesursachen – Kardiovaskuläre Krankheiten [Internet]. Neuchâtel: BFS; 2023 [zitiert am 6. April 2025]. Verfügbar unter: https://www.bfs.admin.ch/asset/de/27925092
(2) Bundesamt für Statistik (BFS). Herz-Kreislauf-Erkrankungen – Hospitalisierungen [Internet]. Neuchâtel: BFS; 2023 [zitiert am 6. April 2025]. Verfügbar unter: https://www.bfs.admin.ch/bfs/de/home/statistiken/gesundheit/gesundheitszustand/krankheiten/herz-kreislauf-erkrankungen.html
(3) Yamamoto S, Okamura M, Akashi YJ, Tanaka S, Shimizu M, Tsuchikawa Y, et al. Impact of long-term exercise-based cardiac rehabilitation in patients with chronic heart failure: A systematic review and meta-analysis. Circ J. 2024;88:1360–1371. doi:10.1253/circj.CJ-23-0820.
(4) Schurz A, Taeymans J, Baur H, Lutz N. Die Rolle der Physiotherapie bei nichtübertragbaren Krankheiten und Sturzprävention in der Schweiz. Endbericht. Bern: Berner Fachhochschule; 2024.
(5) Lawton JS, Tamis-Holland JE, Bangalore S, Bates ER, Beckie TM, Bhatt DL, et al. 2023 ACC/AHA guideline for the management of patients with chronic coronary disease. J Am Coll Cardiol. 2023;81(15):1576–1656. doi:10.1016/j.jacc.2023.01.009
(6) Dalal HM, Doherty P, Taylor RS. Cardiac rehabilitation. BMJ. 2015;351:h5000. doi:10.1136/bmj.h5000